Jim Harbaugh brachte die 49ers zurück auf die Siegerstraße. (Foto © Brad Mangin / ESPN Images)
1849. Die San Francisco 49ers verdanken diesem Jahr ihren Namen. In dem Zeitalter der Goldgräber ("Gold Rush") gab es aber doch kein American Football? Richtig. Aber wären 1849 nicht einige Verrückte dem Gold auf der Spur gewesen, gäbe es wohl kein Kalifornien in der Form - und damit auch keine 49ers.
Genau 100 Jahre später und drei Jahre nach Gründung traten sie der neuen NFL bei. Das Team erwies sich über all die Jahre als guter Fang für die Liga - oder fällt Ihnen sonst eine Franchise ein, die annähernd so spektakuläre Catches fabrizierte? Der "Alley Oop" von R.C. Owens war 1957 der erste. Dwight Clark mit "The Catch" 1981 und 1998 der andere Owens mit dem einfallslos benannten "The Catch II" machen das Highlight-Reel komplett. In der Zeit waren nicht nur einzelne Plays phänomenal - die Liste der Hall of Famer ist endlos und über jeden könnte ausführlich geschrieben werden. Stellvertretend lassen Sie mich hier Bill Walsh ehren. Als Head Coach kam er vom College in Stanford. 1979 übernahm er eine Gurkentruppe und schaffte in seinen 9 Jahren unglaubliche 3 Superbowls (Nummer 4 hat er seinem Nachfolger geschenkt). Er hat die West-Coast Offense salonfähig gemacht und mit seiner Struktur, Arbeitsmoral und seinem Einfallsreichtum die "Winning Edge", also einen gewinnbringenden Vorteil gefunden. Walsh hat die Football-Welt wie kaum ein anderer geprägt, das zeigt unter anderem sein weit verzweigtes Netzwerk an Coaching Schülern.
Die 49ers konnten den Erfolg nach Walsh bedingt weiterführen. Sie gewannen 1994 ihre letzte Superbowl und waren bis 2002 mit Regelmäßigkeit in den Playoffs. Die Zeit hat aber einen sehr fahlen Beigeschmack. Der Besitzer Eddie DeBartolo Jr. besann sich wohl der Teamherkunft und schürfte zu offensichtlich im Glückspiel nach Gold. Er wurde von der NFL suspendiert und hinterließ eine Salary Cap Situation, die das Team Jahre zurückwarf. Dass er das Team an seine nicht Sport affine Schwester und ihren knausrigen Ehemann verkaufte, verschlimmerte die Situation weiter. Der Expansion-Team-ähnliche Talentlevel zeigte sich und man hatte die Ehre Alex Smith als ersten Spieler im Draft 2005 zu wählen. Die Jahre unter den Head Coaches Mike Nolan und Mike Singletary erinnern etwas an die Zeit als Roger Moore den Bond mimte - wahre Männer, wenn sie wissen, was ich meine ...
So brauchte es 9 Jahre, einige kluge Drafts, den im besten Football-Alter befindlichen Neffen Eddies, Jed York, als CEO und erneut einen Stanford Head Coach um wieder in die Playoffs zu kommen. Dass der 49-jährige Jim Harbaugh dies im ersten Jahr schaffte ist wohl bekannt. Seine erfolgreiche Geschichte als mittelmäßiger NFL Quarterback, grandioser San Diego und Stanford Head Coach ist er im Moment im Begriff zu übertreffen.
Wenn man nun seine Umgebung fragt, was ihn auszeichnet, erhält man unisono eine Antwort: Jim is just being Jim! Er ist authentisch in seiner Verrücktheit, ist ein Player als Coach, hitzköpfig und gleichzeitig schafft er es selbst seine Emotionen in seiner Strategie unterzubringen. Wer sonst setzt so viele Challenges als Spielermotivation ein? Am besten ist er übrigens, wenn er unterschätzt wird. Passiert ja nicht mehr allzu häufig inzwischen.
In seiner unreflektiert wirkenden Art weiß er sehr genau, wo seine Lücken sind. Dementsprechend umgibt er sich einerseits mit erfahrenen Leuten (Vic Fangio), andererseits sucht er gezielt aufstrebende Unbekannte (Greg Roman). Einige dieser unbekannten Talente sind weiter gezogen und lassen den Harbaugh Coaching Baum wachsen. Das konsequente Schweigen zum Thema Harbowl ist ein greifbarer Beweis seines "Team, Team, Team" Gedankens.
Harbaugh ist mit Sicherheit nicht alleinig für die Rückkehr in die Superbowl verantwortlich. Aber als er 2011 große Teile der Walshschen West-Coast Offense heimgebracht hat, waren doch alle Fans des Teams überzeugt: wir sind zurück!